Right to Repair - wie man mit dem Recht auf Reparatur Geldbeutel und Umwelt schont

Right to Repair - wie man mit dem Recht auf Reparatur Geldbeutel und Umwelt schont

Snapshot Medien
Projektbeschreibung

Unser Projekt beschäftigte sich mit der Fragestellung wie man Elektromüll reduzieren und vermeiden kann. Konkreter Anlass waren zwei Smartphones, ein iPhone SE aus dem Jahr 2020 und ein iPhone 8 aus dem Jahr 2018, die beide noch gut funktionierten und technisch einwandfrei waren, doch deren Akkulaufzeit rapide nachgelassen hat. Die Geräte wären durch neue Geräte ersetzt worden, weil 3-4 maliges Aufladen am Tag nicht realistisch und zunehmend nervig ist. Doch sie erfüllten ihren Zweck weiterhin sehr gut und so kam uns die Frage auf: Warum ersetzen wir Dinge, die noch gut funktionieren, nur weil ein Teil davon nicht mehr so ist, wie am Anfang?

Wir beschäftigten uns also mit der Frage, wie man den Akku tauschen kann. Auch noch viele junge Leute kennen Smartphones und Mobiltelefone, die man hinten mit einem Deckel öffnen kann und bei denen man den Akku entnehmen kann. Doch keines der aktuellen Geräte, die bei der Jugend verbreitet sind, kann das. Keines dieser Geräte lässt sich regulär reparieren - warum? 

Als die Elektrotechnik in den 1980er Jahren in Amerika und Europa im kommen war gab es Geräte wie den Apple 2 oder den Commodore C64, damals war es üblich, Gerät mit einem handelsüblichen und in jedem Haushalt verfügbaren Kreuzschraubendreher öffnen zu können, es lagen Schaltpläne bei und die "Nerds" der damaligen Zeit tauschten sich über die Schwachstellen der Geräte aus. Dieses Feedback nahmen die Produkentwickler mit, und so konnten in der nächsten Version bspw. kalte Lötstellen vermieden werden, Baugruppen wurden anders angeordnet, etc.

Auch wenn der Gedanke, heutzutage einen Computer, ein Smartphone oder Ähnliches zu kaufen und einen Schaltplan dazu zu erhalten, befremdlich wirkt: Der Grundgedanke, Verständnis, Logik und Offenheit in einem solchen System zu haben, ist verloren gegangen. Wir verstehen heute nicht mehr, wie diese Geräte funktionieren, teilweise ist nicht bekannt, welche Daten sie über uns speichern und welche Daten an den Herteller weitergesendet werden.

Den Komfort von "Wasserfestigkeit", immer dünneren Geräten, etc. führt dazu, dass wir sie nicht mehr öffnen können. Viele Dinge sind verklebt, einige absichtlich so konstruiert, dass sie irreparabel beschädigt werden, wenn man sie öffnet. Es ist praktisch eine schware Kiste, die nicht nachvollziehbar und transparent ist. Der Gerätehersteller besitzt das Monopol auf die Durchführung von Repraraturen. Es ist nachvollziehbar, dass ein Unternehmen Geld mit seinen Geräten und Leistungen vedienen möchte, schließlich möchte ich bei meiner Arbeit auch bezahlt werden. Die Preise, die für eine Reparatur bestimmter Komponenten aufgeführt werden, sind so hoch, dass der Neukauf eines neueren Geräts in Summe günstiger ist oder die Reparaturkosten bspw. 60-80% des Preises für ein neues Gerät ausmachen - viele Menschen neigen also dazu, zu sagen: "ach komm, dann kauf ich mir halt ein neues iPhone, das hat ja auch eine bessere Kamera" - wo sie bis vor zwei Wochen mit dem bisherigen Gerät sehr zufreiden waren und keinen Grund für einen Austausch, geschweige denn einen Neukauf gesehen haben.

Für die Reparatur stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Einerseits bietet der Hersteller des Geräts in der Regel einige Jahre nach Erstveröffentlichung des Geräts einen Hardware-Support inkl. Reparaturen, alternativ kann man die Reparatur auch selbst durchführen, je nachdem, was getauscht / repariert werden muss. Der Akku ist in diesem Fall nicht als defekt einzustufen (aufgebläht, gewölbt, sehr extrem heiß, Rauch, etc.), sondern schlicht abgenutzt - so wie das Gerätegehäuse Kratzer hat, leidet eben auch der Akku.

Bei Apple kostet der Akkutausch 55,00 EUR (Quelle) - die Kosten wurden vor einigen Jahren drastisch reduziert, als Ende 2017 aufkam, dass Apple die Leistung der Geräte künstlich reduziert hat, um die Akkulaufzeit zu verlängern, wenn der Akku abgenutzt ist. Die Geräte wurden also absichtlich langsamer gemacht, und der Nutzer wurde darüber nicht informiert und hatte anfangs auch nicht die Möglicheit, dies abzustellen.

Als gute Quelle für Reparaturanleitungen als auch Ersatzteile hat sich die Webseite iFixit.com herausgestellt. Die Firma macht Blogartikel und Videos zur Reprarierbarkeit verschiedenster technischer Geräte, dies wird von 1 bis 10 eingestuft, wobei 1 schlecht bis gar nicht reparierbar ist und 10/10 Punkte bedeuten, dass ein Gerät sehr einfach zu reparieren ist. Schaut man sich die Reparierbarkeit der beiden anfangs genannten Geräte (iPhone 8 und iPhone SE 2020) an, die technisch nahezu gleich aufgebaut sind, gibt iFixit einen Score von 6 /10 an. Dazu gibt es auch Videos, in dem erklärt wird, wie man zu der Einschätzung gelangt ist, die Informationen findet man auf dieser Webseite:

iPhone 8: https://de.ifixit.com/Teardown/iPhone+8+Teardown/97481?lang=en
iPhone SE (2020): https://de.ifixit.com/Teardown/iPhone+SE+2020+Teardown/133066

iFixIt bietet über die in Stuttgart ansässige GmbH auch Ersatzteile zum Kauf an. Ein Reparatur-Set für die beiden Geräte für den Akku inkl. dem notwendigen Werkzeug schlägt mit 29,95 EUR zu Buche, ist also ca. 25€ günstiger als das Angebot von Apple. Um fünf Euro günstiger ist der Akku, wenn man das Werkzeug schon besitzt oder anderweitig darauf zugreifen kann, bspw. in einem Makerspace. 

Die Reparatur war in ca. 1,5 Stunden erledigt, dabei hat sich die Gruppe verschiedene Baugruppen der Geräte und Konstruktionsweisen angesehen. Anhand Bildern konnte verglichen werden, dass der bei einem iPhone 6 noch vorhandene Klinkenstecker (3,5") sehr viel Platz im Gehäuse benötigt hat. HIer kann man erkennen, dass es manchmal auch sinnvoll sein kann, einige Baugruppen zu entfernen und neue Lösungen wie bspw. Bluetooth-Kopfhörer oder der Anschluss über den Lightning-Port des Geräts auszuprobieren.

Danach haben wir uns mit der Fragestellung beschäftigt, ob es Ansätze von Seiten der Hersteller gibt, weniger Elektromüll zu produzieren und insbesondere die Reparierbarkeit deutlich zu vereinfachen. Dabei sind wir auf verschiedene Projekte gestoßen, die an dieser Stelle kurz angerissen werden sollen.

Beim Smartphone gibt es den aus der Niederlande stammenden Hersteller Fairphone, der seit 2013 in einem ganzheitlichen Ansatz versucht, Geräte einfach reparierbar zu machen, über lange Zeit Softwareupdates zu liefern, Ersatzteile für den Kunden über mehrere Jahre verfügbar zu halten und diese zu einem günstigen Preis abzugeben. Die Geräte sind so konstruiert, dass mit wenig Aufwand und insbesondere nur einem Schraubendreher jedes Teil an den Geräten austauschbar zu machen. Wir haben uns ein solches Gerät gebraucht gekauft und auf eigene Faust hin mit den Anleitungen des Herstesllers repariert. Dabei fällt auf, dass die Geräte dicker sind, als heutzutage üblich, der Akku aber auch fast zwei Tage hält. Das Fairphone 2 aus dem Jahr 2015 erhält auch heute noch, also sagenhafte 7 (!) Jahre später Softwareupdates. 

Bei Laptops gibt es einen Ansatz unter dem Namen Framework Laptop, bei dem das Gerät modular aufgebaut ist, der Kunde also selbst wählen kann, welche Schnittstellen er benötigt. Ziel ist hier eher die Individualisierung als die einfache Reparierbarkeit gewesen, die jedoch "ganz nebenbei" erreicht werden konnte. Ein Testgerät konnten wir leider nicht begutachten, sind uns jedoch sicher, dass dieser Ansatz auf lange Sicht Erfolg haben kann, insbesondere im Unternehmensumfeld, wenn die Geräte noch etwas mehr "rock solid" gebaut werden - Stichwort IBM Thinkpad, Wasser durch die Tastatur kippen.

Zusammenfassend bleibt zu sagen: Die Branche ist im Wandel, immer mehr Konsumenten achten auf Umweltfreundlichkeit, Langlebigkeit und sind auch bereit, mehr Geld auszugeben, wenn das Gerät "lange hält". Durch das Aufleben der Makerspace-Bewegung, immer mehr praktischem Arbeiten in der Schule, dem Interesse an Elektrotechnik und der Fragestellung, wieso wir es uns von den großen Konzernen eigentlich bieten lassen, die Geräte zu einer solchen Black Box zu machen, nur für ein bisschen mehr vermeintlichen Komfort, führen dazu, dass Lösungen wie das Fairphone immer mehr Marktanteile gewinnen.

Die reparierten iPhones werden von den ursprünglichen Nutzern weiter verwendet. Das Fairphone 2 wurde für die Ukraine-Hilfe gespendet und kam einem 26-jährigen Studenten aus Eritrea zugute, der sich nun über ein tolles Smartphone freuen kann. Somit konnte für alle Nutzer eine sehr tolle Lösung gefunden werden, wir haben viel gelernt und achten beim nächsten gesprungenen Display oder dem nächsten Handykauf deutlich mehr auf die Langlebigkeit der Produkte.

Projektträger
Jakob Licina
Jakob Licina
Hasenwaldstraße 6
70736 Fellbach
Deutschland
Telefon: 
+491606196190
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Region, Partner
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Zuletzt geändert: 
26.01.2023 - 12:13
Inhaltstyp: 
projekt
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