knastbewusst

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Snapshot Kultur und Kunst
Projektbeschreibung

Was machen wir?

Wir sind eine ehrenamtlicher Verein, der sich für die Resozialisierung von Frauen in Untersuchungshaft (im Folgenden U-Haft) einsetzt. Resozialisierung verstehen wir als zweiseitigen Prozess, einerseits innerhalb der U-Haft und andererseits außerhalb des Gefängnisses.

Innerhalb müssen die Menschen reflektieren: warum bin ich hier? Wie war mein Leben bisher? Welche Ideen und Träume habe ich für die Zukunft?

Und außerhalb liegt die Aufgabe bei der Gesellschaft, Menschen nach ihrer Haftstrafe wieder in die Gesellschaft aufzunehmen, sie als ArbeitskollegInnen, NachbarInnen und FreundInnen zu akzeptieren.

Wie machen wir das?

Zusammen mit den Frauen der Mannheimer U-Haft haben wir ein Gesellschaftsspiel erarbeitet. Dieses vermittelt spielerisch und ohne erhobenen Zeigefinger das alltägliche Leben im Gefängnis. Dieses Spiel wird ab Oktober 2016 durch die Frauen hergestellt und kann ab Dezember 2016 käuflich erworben werden. Die Frauen reflektieren also einerseits ihr Leben im Gefängnis und andererseits wandert es von der Zelle auf den Tisch, an dem Familien oder FreundInnen zusammen sitzen und spielen.

Warum machen wir das?

Menschen in U-Haft sind nicht verurteilt und trotzdem im Gefängnis. Aufgrund eines dringenden Tatverdachts und eines Haftgrundes (Flucht- oder Verdunkelungsgefahr) dürfen sie auch ohne Urteil eingesperrt werden. Im Gegensatz zur Strafhaft, also dem Gefängnis nach dem Urteil eines Strafverfahrens, besteht in der U-Haft keine Arbeitspflicht. Aufgrund der baulichen Struktur des Mannheimer Gefängnisses und der strengen Geschlechtertrennung im Vollzug besteht für die Frauen zurzeit keine Möglichkeit einer bezahlten Tätigkeit nachzugehen. Die Frauen verbringen daher ihre Tage auf den Zellen mit Kaffee trinken, Zigaretten rauchen und Fernsehen.

Es besteht ein dringender Handlungsbedarf, den Frauen in ihrer ungewissen Situation zu helfen. Folgende Fragen beschäftigen die Frauen: Was und wie lange ermittelt die Polizei? Was wird in der Anklageschrift stehen? Wann ist der Prozesstermin? Und vor allem: Wie geht es meinen Kindern draußen? Daher ist es wichtig einen Alltagsanker zu geben und somit Struktur im Haftalltag zu ermöglichen. Denn unser menschliches Leben wird maßgeblich von Arbeit und Schlaf strukturiert. In unzähligen Gesprächen mit den Frauen hat sich herausgestellt, wie wichtig ihnen die Struktur durch Arbeit für ihre Tage in Haft ist. Sie benötigen sie, um die Zeit des Gefangenseins zu überstehen und zu reflektieren: Wo bin ich? Warum bin ich hierhergekommen? Welche Möglichkeiten gibt es, an der nächsten Lebenskreuzung eine andere Abbiegung zu nehmen?

Wir sind der festen Überzeugung, dass Menschen im Gefängnis nicht allein gelassen werden sollten. Sie haben – was in der U-Haft noch zu beweisen ist – einen Fehler gemacht, sich mit großer Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Form schuldig gemacht. Aber genau deshalb darf man sie in dieser Situation nicht alleine lassen, sondern es ist eine mitmenschliche Pflicht, ihnen als Mensch auf Augenhöhe zu begegnen. Genau durch einen würdevollen Umgang mit ihnen und trotz allem zeigt man, dass es auch andere Wege im Leben geben kann. Über die Frage der Schuld oder Unschuld entscheiden die Gerichte, das ist nicht unsere Aufgabe.

Aber es besteht auch Handlungsbedarf in der Gesellschaft draußen. Resozialisierung ist ein gegenseitiger Prozess: Wenn die Menschen nach ihrer Haft nur mit Vorurteilen und Stereotypen bedacht werden, dann ist die Re-Integration nahezu unmöglich. Wir geben mit unserem Spiel den Menschen spielerisch die Möglichkeit, einen Blick vom Tisch zuhause aus hinter die Mauern zu werfen, zu verstehen welche Gegenstände den Frauen wichtig sind und welche Gefühle im Gefängnis entstehen.  So entsteht knastbewusstsein.

Wer sind wir?

Wir sind vier junge Leute aus Heidelberg und Mannheim, Christoph Diener, Stephanie Hörnig (24), Annabel Kircher (23) und Thomas Nighswonger (25). Chris hat soeben sein Studium der Politikwissenschaften und Germanistik beendet, Steffi studiert Soziologie und Jura, Annabel studiert Soziologie und Thomas Betriebswirtschaftslehre. Alle eint das Thema Gefängnis und der Tatendrang, die Frauen in ihrer Haftsituation zu unterstützen.

Projektträger
Knastbewusst e.V.
Stephanie Hörnig
Pfalzring 26
67240 Bobenheim-Roxheim
Deutschland
Themenfeld
Region, Partner
Infos
Zuletzt geändert: 
28.10.2016 - 10:29
Inhaltstyp: 
projekt
Beitrag Id: 
256810