Nach rund dreihundertjährigem Schlummer wird il Gusto Barocco am 18. Juni Heinichensitalienische Oper Flavio Crispo zur Uraufführung bringen, die aufgrund ihrerEntstehungsgeschichte eines der wertvollsten Zeugnisse der damaligen Zeit ist. Diesem Werk warseinerzeit am Dresdener Hof wenig Erfolg beschieden. Ein Streit der beiden weltberühmtenKastraten Senesino und Matteo Berselli sorgte für einen Eklat, weshalb August der Starkeunverzüglich alle Sänger entließ, obwohl Flavio Crispo bereits vollständig komponiert war.Ausschlaggebend war angeblich Senesinos Unzufriedenheit über die Art und Weise, wieHeinichen die italienischen Worte in Musik gesetzt hatte, weshalb er die Noten zerriss und demKomponisten vor die Füße warf. Senesinos respektlose Einmischung hatte allerWahrscheinlichkeit nach bestimmte Gründe: Kurz zuvor war Georg Friedrich Händel nachDresden gereist, um Senesino für seine Londoner Opernakademie zu engagieren. Es ist davonauszugehen, daß der Sänger diesen Eklat absichtlich provozierte, um das DresdenerVertragsverhältnis rasch zu beenden.
In den zwei abgeschlossenen Projekten (am 15. April und am 6. Mai) konnten StuttgarterSchülerinnen und Schüler gemeinsam mit Profis auf historischen Instrumenten musizierenund ein Konzert im Chor mitgestalten. Nun wenden wir uns bei der Opernaufführung deninhaltlichen Aspekten zu. Ein musikalisches Bildungsprojekt bedarf nicht nur der Förderungdes musikalischen Nachwuchses, sondern auch der Heranbildung eines interessierten undaufgeklärten Publikums im Blick auf künftige Generationen. Was liegt hier näher als eineAuseinandersetzung mit der Oper des 18. Jahrhunderts?Wir erklären Stuttgarter Schülerinnen und Schülern die Geheimnisse der entfernten Weltdes Barock: Weshalb sangen im 18. Jahrhundert oftmals Kastraten in den Hauptrollen, alsoMänner mit hohen Frauenstimmen? Welche Botschaft hat die Musik mit ihren strenggeordneten Gefühlen wie Hass, Liebe oder Sehnsucht in der damaligen Zeit und wiemachen wir sie uns verständlich? Weshalb gibt es in der Barockoper keine eigentliche„Handlung“, sondern nur eine Aneinanderreihung von verwickelten Situationen – und wiesoist trotzdem jede Oper auf ihre Art interessant? Wieso sind eigentlich Rezitative und Arienin einer Barockoper die beiden wichtigsten Bausteine?Mit diesen und vielen anderen Fragen und Antworten wollen wir Jugendliche aufspielerische Weise von ihren Berührungsängsten mit Alter Musik befreien und einekulturelle Bildungsgrundlage für deren zukünftiges Leben ermöglichen.