Anti-Gewalt-Gruppe

Anti-Gewalt-Gruppe

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Projektbeschreibung



Projekttitel: Anti-Gewalt-Gruppe

Projektzeitraum: 01.10.2011 – 31.07.2012

Projektziele:

Jugendliche tun sich mitunter schwer, gewaltfreie Konfliktlösungsmöglichkeiten zu finden und Spannungen, Frust und Enttäuschungen sowie persönliche Probleme werden häufig nicht bearbeitet, sondern entladen sich durch Gewalt. Erst wenn der Jugendliche bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, wird im Einzelfall die Teilnahme an einem Anti-Gewalttraining, das in Reutlingen stattfindet, verordnet.

Eine Anti-Gewalt-Gruppe bietet für die Schule eine schnelle, niedrigschwellige, präventiv wirkende, räumlich nah stattfindende und kostengünstige Handlungsmöglichkeit, aggressive Verhaltensweisen im Schulalltag abbauen zu helfen, den SchülerInnen Möglichkeiten aufzuzeigen, der Gewalt aus dem Weg zu gehen, auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten und Gewalt als Schwäche zu begreifen.

Wer war beteiligt:

15 Jungs der Klassen 5 bis 9, davon 6 mit einem Migrationshintergrund, nahmen teil. Die Teilnehmer für die Anti-Gewalt-Gruppe wurden von den Klassenlehrer/innen benannt und auch von der Schulsozialarbeit vorgeschlagen. Gründe waren Vorkommnisse in der Schule, in denen Gewalt angewendet wurde, aber auch ein allgemein aggressives, unbeherrschtes Auftreten oder Mobbing. Wenn von Seiten der Schule die Entscheidung für eine Teilnahme getroffen war, sprachen die Klassenlehrer/innen mit den Schülern und den Eltern, erläuterten die Ziele und Rahmenbedingungen und füllten ein Formular aus, in das der Grund für die Teilnahme geschrieben wurde, außerdem die Kontaktdaten des Jugendlichen und der Eltern sowie Anmerkungen, welche Maßnahmen und andere Unterstützungen der Jugendliche bereits erhalten hat bzw. erhält. Dieses Formular wurde von den Eltern und vom Jugendlichen unterschrieben und der Anti-Gewalt-Trainer erhielt dies Formular zur Vorabinformation. In keinem Fall sprachen sich die Eltern gegen eine Teilnahme aus, sondern sahen es als Chance für ihr Kind, an sich zu arbeiten und in Einzelfällen auch den Verbleib an der Schule zu sichern.

In aller Regel waren die Jugendlichen nicht begeistert, teilnehmen zu müssen. Zwei Jungs nahmen jedoch freiwillig teil, weil in einem Fall die Freundin unbedingt wollte, dass er an seinem Gewaltproblem arbeitet. Im anderen Fall wollte ein Junge unbedingt an seiner Wut und seinem Aggressionspotential arbeiten, weil er merkt, wie schwer er sich oftmals beherrschen kann.

Ablauf, Ergebnisse und Perspektiven: (bei Bedarf fügen Sie weitere Seiten bei)

Die Gruppe fand im Schuljahr 2011/2012 freitags je 2 Stunden am Nachmittag statt. Die Teilnehmer nahmen für etwa 5 Monate teil. Es wurden kontrolliert Situationen hergestellt (simuliert), in denen aggressive Verhaltensmuster auftreten und es wurde gelernt, andere Konfliktlösungsmöglichkeiten zu nutzen. Die Teilnehmer wurden mit aggressivem Verhalten konfrontiert, dem eigenen und dem der anderen. Kognitive und emotionale Aspekte wurden beobachtet und analysiert, angeblich kulturell bedingte Auslöser für Gewalt entlarvt. Ein Nachmittag wurde mit erlebnispädagogischen Übungen zur Lösung von Aufgabenstellungen in der Gruppe durchgeführt.

Die Jugendlichen erlangten mehr Hintergrundwissen zu den Auslösern von Konflikten sowie Handlungsalternativen in Konflikten. Dabei coachten sich die Jugendlichen auch gegenseitig: An jedem Gruppennachmittag stand ein Jugendlicher im Mittelpunkt. U.a. wurde sein Lebensfluss erarbeitet und die Jugendlichen überlegten und gaben Rückmeldung, wann und wodurch ein gewalttätiges Verhalten ausgelöst worden sein könnte, wie der Jugendliche anders reagieren könnte u.a.m. Die Arbeitsatmosphäre hierbei war sehr intensiv und persönlich. Die Jugendlichen meldeten zurück, dass sie anfangs aufgeregt waren, es dann aber genossen, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen, über sich reden zu können sowie die Aufmerksamkeit der anderen zu erhalten. In der Abschlussreflexion äußerten die Jugendlichen, dass sie viel über sich und zum Thema Gewalt gelernt hätten und überzeugt sind, anders mit Gewalt umgehen zu können.

Die Lehrer/innen meldeten zurück, dass sie die Gruppe sehr begrüßen, weil sie mit einer pädagogischen Interventionsmöglichkeit reagieren können. Insofern passte die Gruppe genau in die schulischen Überlegungen, wie mit „schwierigen“ Schülern besser umgegangen werden kann. An diesen Überlegungen sind auch die Schüler über die SMV beteiligt. Neben Überlegungen zur Gestaltung des Unterrichts, Fortbildung der Lehrkräfte, dem Einrichten einer Auszeit und dem Erarbeiten anderer Sanktionsmöglichkeiten kam der Anti-Gewalt-Gruppe als ein praktisches, pädagogisches Angebot eine große Bedeutung zu. Die Lehrer/innen bemerkten mit einer Ausnahme bei allen Schülern positive Veränderungen. Auch gefalle ihnen die Gruppe und sie würde ihnen viel bringen.

Als wichtig und positiv hat sich die Kooperation und der Austausch mit außerschulischen Partnern im Netzwerk für Jugendliche gezeigt, schwerpunktmäßig Jugendmigrationsdienst, Offene Jugendarbeit, Mobile Jugendarbeit und ASD. Nahezu alle Jugendlichen waren diesen bekannt. Es fand ein Austausch statt, so dass auch außerschulisch mit den Erkenntnissen der Anti-Gewalt-Gruppe die Jugendlichen begleitet und unterstützt wurden. Und umgekehrt flossen außerschulische Erkenntnisse in die Gruppenarbeit ein.

Zu der geplanten Einbeziehung von Mitgliedern der Kickboxgruppe kam es zwar nicht, jedoch konnten durch die Kooperation mit der Offenen Jugendarbeit im Jugendhaus, in dem das Kickboxen stattfindet, zwei Schüler zur Teilnahme am Kickboxen gewonnen werden.

Eine Steuergruppe aus Schulleitung, Schulsozialarbeit, den jeweiligen Klassenlehrern und Anti-Gewalt-Trainer reflektierte die Anti-Gewalt-Gruppe. Was läuft gut und wo braucht es Veränderungen. Von einer Einbeziehung der SMV in die Steuergruppe wurde abgesehen, weil sehr persönliche Gespräche über die Schüler und ihr Verhalten geführt wurden.

Vereinzelt wurde unentschuldigt geschwänzt. Dann wurde der Schüler vom Klassenlehrer und vom Anti-Gewalt-Trainer an die Verpflichtung zur Teilnahme erinnert und die Eltern wurden informiert. Das reichte aus. Ein Teilnehmer musste jedoch von der Gruppe ausgeschlossen werden, weil er aufgrund einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit einem anderen Schüler die Schule verlassen musste. Bis auf diesen Schüler konnte allen in feierlichem Rahmen das Zertifikat für die Teilnahme am „Konfrontativen Ressourcentraining“ durch die Schulleitung überreicht werden. Dem Schüler wird bescheinigt, dass er sich mit seiner eigenen Lebensgeschichte sowie seinen Stärken und Schwächen auseinandergesetzt hat und gelernt hat, wie er in Konfliktsituationen reagieren kann. Hierbei wurde auf die Bezeichnung Anti-Gewalt-Gruppe verzichtet, um den Schülern die Möglichkeit zu geben, das Zertifikat für Bewerbungen um Ausbildung zu nutzen. Die Schüler waren bei der Übergabe froh und stolz.

Ein sehr wichtiges Element waren Elterngespräche, die im Anschluss an die Gruppe stattfanden, mit einigen Eltern mehrmals. Ohne dabei persönliche Inhalte preiszugeben, von denen der Jugendliche auch nicht wollte, dass sie seine Eltern erfahren, wurde vom Trainer mit den Eltern besprochen, wie sie ihr Kind unterstützen können und auf was zu achten ist. Das wurde von den Eltern als sehr hilfreich empfunden. Damit die Eltern als Unterstützer gewonnen werden und nicht „beschuldigt“ werden, wurde der Fokus auf die Begleitung ihres Kindes gelegt, damit es in der Schule nicht zu weiteren Problemen kommt und ein Schulerfolg erreicht wird. Wichtig war hierbei das ressourcenorientierte Gespräch über das Kind.

Ein wichtiges Anliegen war, eine Perspektive für die Projektarbeit zu finden und nach Mitteln und Wegen zu suchen, wie die Inhalte der Anti-Gewalt-Gruppe nach Ablauf der Projektlaufzeit weitergeführt werden können. Hierzu fanden Gespräche mit dem ASD des Kreisjugendamts statt, der nach Möglichkeiten suchte. Derzeit wird versucht, Teilnehmer für eine Soziale Gruppenarbeit zu gewinnen, die noch viel größere zeitliche Möglichkeiten bietet und die Inhalte des Anti-Gewalt-Trainings unbedingt aufnehmen soll.

Wir über uns:

Der Fachdienst Jugend, Bildung, Migration Münsingen der BruderhausDiakonie hilft jungen Menschen im Alter von 12 bis 27 Jahren durch Beratung, individuelle Begleitung, Gruppenangebote, Seminare und Kurse.

 

Projektträger
Fachdienst Jugend, Bildung, Migration der BruderhausDiakonie
Beim Unteren Tor 7
72525 Münsingen
Deutschland
Telefon: 
07381 500 322
Themenfeld
Region, Partner
Infos
Zuletzt geändert: 
22.03.2016 - 16:11
Inhaltstyp: 
projekt
Beitrag Id: 
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